Unser täglich Brot heute!

Abseits der Backmischhysterie durfte ich dem Berufskoch Franz Högerle bei einem seiner traditionellen Backtage über die Schulter schauen und eine Reportage dazu erstellen.
Auch unser täglich Brot ist längst zu einem Massenprodukt geworden. Moderne Maschinen, Backmischungen und Automaten sorgen für ein Überangebot an schlechter Brotqualität, die unsere Geschmacksnerven in die Irre führen und manipulieren. Wer glaubt noch an gutes, hochwertiges Brot? Wer würde sich überhaupt noch die Arbeit machen stunden vorher den Ofen mit Feuer auf Betriebstemperatur zu bringen und geschweige denn einen Teig selber herstellen. Nach dieser Brotback-Erfahrung hat das Thema backen für mich eine völlig neue Bedeutung bekommen. Brot ist also doch nicht gleich Brot und gutes Brot macht definitiv besser satt als die gekauften Backmischlaibe.

Als ich das liebevoll gestaltete Backhaus von Franz zum ersten Mal betrat, stieg mir sofort der angenehme Geruch in die Nase - dabei waren noch nicht mal die Teigwaren im Backofen. Trotzdem lag eine wunderbare Note von frisch gebackenem in Kombination mit Glut und Kohle in der Luft. Die Brotbackkunst mit den Öfen unserer Vorfahren erfordert sehr viel Feingefühl, Erfahrung und zahlreiche Übungsstunden. Mit Hingabe und Begeisterung knetet Franz seinen Brotteig der mit eigens verfeinerten Sauerteig hergestellt wurde, und mit Freude, erklärt er, auf was es ankommt beim Arbeiten mit altertümlichen Gerätschaften dieser Art. Wer perfektes Brot im Holzbackofen herstellen möchte, muss einiges beachten, allen voran sollte man ein Gefühl für die richtige Temperatur bekommen. Nach Erreichen der Backtemperatur von ca. 350 °C lässt man den Ofen noch ca. 30 Minuten abstehen, um ein gleichmäßiges Ofenklima zu bekommen. So schiebt Franz nach der Temperaturausrichtung von 280 °C die ersten geformten Brotlaibe in das Backrohr. Erstaunt über das Fassungsvermögen des Ofens dauerte es seine Zeit bis das Objekt der Begierde gefüllt ist. Dabei muss ich immer wieder die Schönheit des Ofens bestaunen – mit all seinen Details wirkt er geradezu göttlich und erzählt mir seine ganz eigene Geschichte. Die perfekt gestalteten Ofentüren, das schön gemauerte Kleid bilden eine wunderschöne Einheit und lassen den Ofen geradezu wuchtig und kraft-protzig wirken. Weitere Details die einen sofort in die Vergangenheit schwelgen lassen, sind die Armaturen wie Temperaturanzeige, Ofenlampe und die für damalige Zeiten das unnachahmliche und bekannte Uhrwerk aus dem Hause Junghanns.

Jetzt können wir mal schauen, ob es schon fertig ist – kannst du das riechen? Immer wieder kontrolliert Franz seine Backwaren – schließlich wollte er ja nichts anbrennen und dem Zufall überlassen. Als dann die erste Fuhre vom Brotschieber auf dem großen geselligen Tisch landete, traute ich kaum meinen Augen. Ein wahrhaft malerischer Anblick den man fast nur noch aus Hochglanz Prospekten und von Food Fotografen kennt – anders aber entsteht bei den Foodknipsern die schöne Brotkruste meistens digital. „So Siggi – fass mal an!“ Franz wirft mir einen dampfenden Brotlaib herüber – bereits beim Zugreifen bemerke ich den fein knusprigen Brotmantel. Auch die Geruchsprobe hat sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt – hätte es nicht für möglich gehalten, aber man riecht Gewürze und Zutaten wunderbar heraus und das Frische-Erlebnis ist gewaltig. Sofort schweifen meine Gedanken wieder ab in die damalige Zeit, als die Kunst des Brotbackens kein Erlebnis war, sondern der Lohn für hartes arbeiten – schließlich mussten einige hungrige Mäuler am Tisch versorgt werden. Fasziniert hatte mich auch, dass Gefühl, hier,- jetzt und sofort eine Brotscheibe essen zu wollen – ohne Zugaben wie Wurst, Butter oder sonstigen Beilagen, man möchte einfach nur „reinbeißen“ wie man oft so schön sagt.
Vielleicht ist es jetzt wieder an der Zeit, bewusster und gezielter zu konsumieren – und sind wir doch mal ehrlich auf minderwertige Teigwaren die uns wunderschön und geschnitten präsentiert werden können wir gut verzichten. Uns scheint es auch nicht zu interessieren, ob sich bei unserem Verzehrvorgang eine Lehmartige Masse in unserer Kauleiste bildet. Egal – Hauptsache günstig und mit einer großen Lage Wurst wird es dann schon erträglich. Lasst uns wieder auf altbewährtes und Qualität setzten! Unser Gaumen und Magen wird es uns danken. Für mich war es mal wieder ein einmaliges Erlebnis, Franz über die Schultern zu schauen, dazuzulernen und einfach den Moment zu genießen fern ab jeglicher Massen und Akkordzustände. Vielen Dank Franz! An diesem Laib Brot kann ich noch sehr lange zehren.
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